Habt Bock und tut es einfach – Dr. Paul Hadrossek im Gespräch beim PreventurePod

Habt Bock und tut es einfach – Dr. Paul Hadrossek im Gespräch beim PreventurePod

Vom Behandlungsstuhl ins Gründerbüro

Paul Hadrossek ist gelernter Zahnmediziner und war mehrere Jahre Oberarzt an der Uniklinik Münster. Doch anstatt den klassischen Weg fortzusetzen, zog es ihn in die Welt der Innovationen. 2017 gründete er in Berlin mit Heartbeat Labs einen Company Builder für digitale Healthcare-Start-ups – später sein eigenes Unternehmen Kinderheldin, eine telemedizinische Plattform, die schwangeren Frauen und jungen Eltern Hebammenberatung per Chat und Video anbietet.

Heute arbeitet Hadrossek als Berater an der Schnittstelle von Start-ups, Investoren und Industriepartnern. Seine Mission: gute Ideen schneller in den Markt bringen – und die digitale Gesundheitsversorgung von Grund auf verändern.

Der Mensch im Mittelpunkt – nicht das System

Ein zentrales Thema der Folge ist die Patientenzentrierung. Für Hadrossek steht fest:
„Es gibt im deutschen Gesundheitssystem keine echte Patientenzentrierung – noch nicht.“
Das System sei zu stark von Zuständigkeiten und Finanzierungslogiken geprägt. „Wir denken in Töpfen statt in Menschen“, sagt er.
Er fordert ein Umdenken: weg von institutionellen Grenzen, hin zu einem System, das den Patienten wirklich als Kern versteht – und Prävention als seine logische Basis begreift.

Ein gutes Beispiel liefert er aus seiner zahnmedizinischen Vergangenheit: Die deutliche Reduktion von Karies und Parodontitis in den letzten Jahrzehnten zeige, was Prävention leisten kann – wenn sie strukturell gedacht und konsequent umgesetzt wird.

Digitalisierung als Kulturwandel

Hadrossek spricht offen über die Herausforderungen der digitalen Transformation. Sein Fazit:
„So, wie wir Digitalisierung aktuell angehen, schaffen wir sie nicht.“
Was fehlt, ist der Mindset-Shift – das Verständnis, dass digitale Produkte anders funktionieren als klassische Medizinprodukte. Digitale Anwendungen brauchen Feedback, Iteration und Geschwindigkeit.

Er kritisiert die Komplexität vieler digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA): „Wenn jemand erst Briefe anfordern und Passwörter heraussuchen muss, bevor er eine App nutzen kann, verliert man ihn.“ Digitalisierung müsse einfach, schnell und nutzerzentriert sein – nicht bürokratisch.

Datenschutz und Eigenverantwortung

Ein weiteres Thema: der Umgang mit Gesundheitsdaten. Hadrossek beobachtet eine paradoxe Situation: „Gesunde entscheiden darüber, was mit Daten passiert – nicht die, die es betrifft.“
Er fordert, den Patienten mehr Entscheidungshoheit zu geben. Wer bereit ist, Daten zu teilen, um Forschung oder Prävention zu fördern, sollte das selbstbestimmt tun dürfen.

Sein Vorschlag: flexible Sicherheitsstandards, die Patient:innen selbst wählen können. „Nicht jeder will sich dreimal am Tag neu einloggen. Lasst die Menschen entscheiden, was ihnen wichtig ist: Komfort oder maximale Sicherheit.“

Von Kinderheldin zu Kinderkompetenz

Anhand seines Start-ups Kinderheldin zeigt Hadrossek, wie digitale Prävention funktionieren kann. Viele Nutzerinnen hätten sich bewusst für den Chat entschieden – nicht für den Video-Call. Warum? Weil digitale Kommunikation niedrigschwelliger ist und den Einstieg erleichtert.
Das Projekt machte deutlich: Prävention funktioniert am besten, wenn sie früh ansetzt, anonym möglich ist und Vertrauen schafft.

Der Spitzenverband und die neue Rolle der Digitalisierung

Als Vorstand des Spitzenverbands Digitale Gesundheitsversorgung vertritt Hadrossek rund 170 Unternehmen – von Start-ups bis zu etablierten Akteuren. Ziel ist es, gemeinsam mit Politik und Forschung ein Spielfeld zu schaffen, auf dem digitale Lösungen wachsen können.

Der Verband setzt dabei auf Kooperation statt Konkurrenz: Stellungnahmen, Positionspapiere, Slack-Communities und regelmäßige Austauschformate sorgen dafür, dass Wissen geteilt und Innovation beschleunigt wird.

Longevity, Prävention und der Blick nach vorn

Im Gespräch geht es auch um die Zukunft: Wie kann Prävention langfristig im System verankert werden? Für Hadrossek ist klar: Nur mit einem Paradigmenwechsel – weg von Reparatur, hin zu Erhaltung.
Trends wie Longevity können hier helfen, das Thema gesellschaftlich zu öffnen. „Wenn ein Hype dazu führt, dass mehr Menschen über Prävention reden, dann ist das gut. Wichtig ist nur, dass es am Ende ankommt – bei meiner Mutter, nicht nur bei Investoren.“

Habt Bock und tut es einfach

Zum Schluss stellt Oliver Neumann die bekannte Frage: Was würdest du auf die Plakatwand am Alexanderplatz schreiben?
Hadrosseks Antwort ist schlicht – und sinnbildlich für seinen Weg:

„Habt Bock und tut es einfach.“

Sein Appell: weniger Bedenken, mehr Begeisterung. „Wir vergessen oft, wie gut es uns geht. Wir sollten daraus etwas machen – einfach anfangen.“

Fazit

Die Folge mit Dr. Paul Hadrossek zeigt: Die Zukunft der Prävention liegt in der Verbindung von Menschlichkeit, Technologie und Mut. Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Gesundheit zugänglicher, individueller und wirksamer zu machen.

Jetzt reinhören in die aktuelle Folge des PreventurePod.
Mehr Infos unter www.preventure-event.de und www.cyberhealth.de.

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